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Wiesndienst früher

Obwohl eigentlich noch Ferienzeit ist, treffen wir uns jeden Dienstag zur Dienstverteilung im Schweizer Hof.

„Wer übernimmt heuer den Wies´n-Dienst?“, frag der Kolonnenführer bereits Ende August.

Wir Pasinger sind immer am „Maurermontag“ ( immer am 2.Oktoberfestmontag ) dran. Neben anderen Kameraden melde auch ich mich. Das heißt Einsatz von 12.00 Uhr bis 24.oo Uhr!

 

Direkt von der Arbeit zur Wies`n – umziehen und schon kommen die ersten Patienten mit ihren Wehwehchen. Bedienungen mit schmerzenden Armen von Maßkrugheben, mit Blasen an den Füßen vom vielen Laufen. Mit einer kühlenden Salbe und einem Pflaster ist hier schnell geholfen.

 

Um ca. 15.00 Uhr übermittelt plötzlich Schwester Erika per Rufanlage: „Bienenstich im Wohnwagen, Schaustellerstraße bei Achterbahn …“.

Ich begleite den Wies`n-Arzt im Rettungswagen auf den Weg zum Verletzten. Der Patient liegt stöhnend im engen Wohnwagen und ringt nach Luft. Schnelles Erfassen der Situation ist nun erforderlich. Kragen öffnen, Aufrichten, Puls fühlen, Blutdruck messen, beruhigen …. Der Arzt gibt präzise Anweisungen. Ich bereite eine Infusion vor und reiche die vom Arzt geforderten Medikamente. Der Zustand des Patienten stabilisiert sich – der Transport in ein Krankenhaus wird möglich. Anschließend geht es zurück zur Wies`n-Wache.

 

Nach kurzer Pause ein erneuter Einsatz: „Verletzung Löwenbräu-Zelt, Haupteingang“ . Mit 4 Kameraden übernehme ich eine der fahrbaren Tragen und ab geht`s in Richtung Löwenbräu-Zelt. Unterwegs viele überflüssige Fragen von Wies´n Besuchern: „Was kostet so eine Fahrt?“, „Wer ist denn da drin?“ , usw.

Wir sind am angegebenen Einsatzort. Beim allzu gewaltigen „Zuprosten“ ist ein Maßkrug zerbrochen und ein Finger wurde zerschnitten. Mit einer sterilen Abdeckung und einem Verband wird schnell geholfen. Aber die Wunde ist tief und eine Untersuchung durch unseren Wies`n-Arzt in der Sanitätswache angebracht. Viel Überredungskunst erfordert es, den Patienten, der nicht mehr gut zu Fuß ist, dazu zu bewegen, sich auf unsere Rädertrage zu legen. Es gibt Proteste der Freunde, als wir die schützende, gelbe Plastikabdeckung über den Verletzen stülpen wollen.

Die Sanitätswache hat sich bis zu unserem Eintreffen gefüllt. Hier eine Kopfschmerztablette, da eine Platzwunde und ein epileptischer Anfall. Die Kameradinnen und Kameraden haben alle Hände voll zu tun. Auch die ersten Betrunkenen liegen schon in den Ruheräumen zum Ausnüchtern. Nicht nur Männer, auch Frauen und Kinder! Müssen in diesem Zusammenhang betreut werden.

 

Eine kurze Stärkung für uns und ein alkoholfreies Getränk, dann der nächste Einsatz: „Verletzter am 3er-Looping!“.

Petrus meint es nicht gut mit den Oktoberfestbesuchern und uns – es regnet in Strömen! Natürlich geht`s trotzdem raus mit unserem Gefährt.

Ein Jugendlicher konnte die Wartezeit am 3er-Looping nicht abwarten und wollte schwungvoll in einen fahrenden Wagen springen. Dabei rutschte er ab und liegt nun inmitten der eisernen Verstrebungen unterhalb der Laufschienen der Bahn.

Mit unserer Trage kämpfen wir uns bis zum Verletzten durch die vielen Schaulustigen vor. Die Polizei versucht eine Zufahrt für den eintreffenden Rettungswagen freizuhalten. Aus dem Wirrwarr der Verstrebungen und Stützen heben wir gemeinsam den Verletzten vorsichtig auf die Vakuummatratze der RTW-Trage. Im Fahrzeug wird der Patient weiter versorgt und anschließend direkt in eine Klinik transportiert. Nass bis auf die Haut kehren wir in die Wies`n-Wache zurück.

 

Zum Umziehen bleibt wenig Zeit, da die Kameraden im Verbandsraum und in den Ruheräumen abgelöst werden müssen.

Mit immer neuen Hilfesuchenden vergeht die Zeit wie im Fluge.

 

 

Es ist 24.00 Uhr und die letzten Gäste der Ausnüchterungsräume werden vom Wies`n-Doc nochmals untersucht. Einige können per Taxi heimfahren, andere müssen per Rettungswagen in Münchner Krankenhäuser zum kontrollierten „Ausschlafen“ ihres Rausches gebracht werden.

 

Nach dem Aufräumen geht ein langer, schwerer Tag zu Ende. Trotzdem möchte ich nächstes Jahr wieder dabei sein (wenn mein Kolonnenführer das zulässt, denn vom Kreisverband her ist die Helferzahl begrenzt).

 

( Erich Kleinstadler )