Herrn Kommerzienrat Fritz Berne gilt unser bester Dank für die nicht nur für damalige Verhältnisse unwahrscheinlich hohe Stiftung von über 10.000 Mark. Im Jahre 1924 konnte damit das erste Sanitätsauto der Kolonne Pasing – ein OPEL – angeschafft werden.
Im August 1924 führte die Kolonne Pasing mit der freiwilligen Feuerwehr eine gemeinsame Übung durch, deren Leitung Kamerad Etterer übernommen hatte. Angenommen wurde ein Großbrandunglück in der Lehranstalt in Pasing. Beteiligt waren die Kolonnen Pasing, München, Aubing, Dachau, Penzberg, Schleißheim sowie Abordnungen sämtlicher Sanitätskolonnen von Oberbayern! Die Übung wurde ein voller Erfolg.
Angespornt durch das Geschenk von Herrn Kommerzienrat Berne und die unermüdliche Einsatzfreudigkeit der Kolonne, stiftete die Einwohnerschaft Pasings 1925 einen zweiten Krankentransportwagen. Es konnte ein moderner „Horch“-Wagen angeschafft werden. Damit war man, für damalige Zeiten, auf das Beste gerüstet.
So konnten am Pfingstmontag 1925 die Pasinger Sanitäter bereits mit 2 Fahrzeugen und 6 Mann bei dem schweren Eisenbahnunglück am Ostbahnhof tatkräftige Hilfe leisten.
Weitere Fahrzeuge Stifteten:
1925 Herr Bebenik von der Chemischen Fabrik Weyl;
1926 Herr Graf Kamer Klett;
1931 Herr Ingenieur Molitor.
Wieder gab es ein schweres Eisenbahnunglück! Im August 1927 geschah es im Münchner Hbf. Hierbei konnten die freiwilligen Helfer Pasings 5 Fahrzeuge und 24 Mann zum Einsatz bringen.
1928 waren zum „Jahrsappell“ 64 Kameraden anwesend.
Mit dem 40jährigen Gründungsfest der Sanitätskolonne Pasing, im Jahre 1931 fand das letzte große oberbayrische Kolonnentreffen statt! Anlässlich dieses stolzen Jubiläums hat die Stadt Pasing mit Unterstützung der Einwohnerschaft der Kolonne einen neuen Sanitätswagen gestiftet. Bis zur Übernahme der Krankentransporte durch hauptamtliche Helfer des Kreisverbandes München im Jahre 1946, hat dieser Sanitätswagen stets zuverlässig seine Dienste geleistet. Die ständige Einsatzbereitschaft der Pasinger Sanitätskolonne ist dem Pflichtgefühl der Kameraden Etterer und Raminger zu verdanken, die bis zur Eingliederung Pasings in die Kreiskolonne München, nicht nur den Pasinger Bürgern, sondern darüber hinaus auch der weiteren Umgebung stets Hilfe leisteten.
Wie stark die Mitgliederzahl der Sanitätskolonne Pasing mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten anwuchs und wie umfangreich das Aufgabengebiet der Kolonne damals war, geht aus dem Tätigkeitsbericht im „Protokoll der ordentlichen Mitgliederversammlung vom
22. April 1933“ hervor:
„Tätigkeitsbericht der Kolonne für das abgelaufene Jahr 1932“
Die Kol. Besteht aus 3 Zügen.
Pasing 1. U. 2. Zug zählt: 1 Ehrenmitglied, 3 Ärzte, 4 Beiräte, 1 Kol. Führer, 1 Kol.Führer-Stellvertreter, 1 Abteilungsführer, 2 Zugführer, 2 Zugf. Stellvertreter, 6 Gruppenführer, 1 Materialverwalter und 70 Mann.
Der 3. Zug ( Olching ): 1 Arzt, 1 Zugführer, 3 Gruppenführer und 29 Mann. Insgesamt 99 Mann.
Der passive Mitgliederstand: in Pasing 115, in Hadern 25, in Olching 13.
Der Mitgliederstand am 1. Januar 1932 in Pasing: 75 Mann.
Zugang 11, ausgetreten 12, ausgeschlossen 1, gestorben 3, somit am 1.Januar 1933: 70 Mann. Die Jugendabteilung zählt 13 Mann.
Als Krankenpfleger wurden 12 ausgebildet, 3 Mann für Gasschutz und 2 Mann als Desinfekteure.
Abgehalten bzw. ausgeführt wurden:
1 Mitgliederversammlung, 4 Führersitzungen, 3 Chargensitzungen, 2 Sitzungen mit Nachbar-Kolonnen, 3 Chargenübungen, 9 Ärztl. Vorträge, 1 Vortrag über Medikament, 10 Verbandübungen, 1 Exerzierübung im Saal, 8 Übungen im Freien, 1 Werbeübung in Hadern, 2 Ausrüstungsappelle, und jeden Freitag Wochenappell.
Wachen und Dienstleistungen: 118 Depotwachen, 64 Wachen in der neuen Kirche, 61 in der alten Kirche, 61 in der evang. Kirche, 155 im Kino, 10 im Steinerbad, 6 in Bad Lochham.
Außerdem Straßenwache von April bis Oktober, ferner fliegende Wachen bei Veranstaltungen.
Hilfeleistungen waren 782 zu verzeichnen, außerdem 483 Krankentransporte.
Als 1939 der zweite Weltkrieg ausbrach, zählte die Freiwillige Sanitätskolonne Pasing einschließlich Musikzug 120 Mann.
Zum Sanitätsdienst wurden sofort 7 aktive Sanitäter eingezogen. 3 Ärzte und weitere 73 Kameraden wurden zum Waffendienst verpflichtet. Davon sind in den Kriegsjahren 8 Kameraden gefallen, 10 weitere sind vermisst und 15 Kameraden kehrten erst 1951 aus der Gefangenschaft zurück.
Zum zweiten Mal in der Geschichte der Pasinger Sanitätskolonne und der weiblichen Bereitschaft Pasing hatten die Daheimgebliebenen die Aufgabe, Verwundete und Hilflose zu betreuen. Nicht nur in den Luftschutzrettungsstellen, beim Sanitätsdienst in den Bahnhöfen Pasing und Laim, der Truppenverpflegung an den Zügen im Hauptbahnhof und bei den Küchendienst, sondern auch bei Kindertransporten und Nachbarschaftshilfen wurden sie gebraucht.
Unter schwersten Bedingungen mussten während der Luftangriffe von 1940 – 1945 462 Einsätze gefahren und dabei 512 Verletzte transportiert werden. Es fehlen die Worte, um die ungezählten Strapazen, Leiden und Entbehrungen unserer Helfer und Helferinnen bei Ihren Einsätzen in den Bombennächten zu schildern.
Auch für die weibliche Bereitschaft Pasing bedeutete der Zweite Weltkrieg eine große Bewährungsprobe. Die Zahl der Helferinnen stieg bei Kriegsbeginn von 20 auf 100 an.
15 Helferinnen standen damals direkt m Kriegseinsatz.
Doch die Zeit blieb nicht stehen. Nach Kriegsende begann der dritte Aufbau unserer Sanitätskolonne. Ein kleiner Kameradenkreis fand sich bereits in den ersten und schwersten Nachkriegsjahren zu einer verschworenen Rotkreuz-Gemeinschaft zusammen.
1945 wurde Paul Weber zum Kolonnenführer gewählt. Ihm folgten 1947 Kamerad Anton Weiß und 1949 Markus Schindelbeck. Stellvertreter wurde Karl Kirchbeck. Man muss sich an die Not der Nachkriegszeit erinnern, um die Hilfsbereitschaft dieser Kameraden zu würdigen.
Zu den Aufgaben der nach dem Krieg auf 15 Helferinnen geschrumpften weiblichen Bereitschaft gehörten u.a. die Speisung alter, einsamer Menschen, Paketaktion und Kinderbescherungen zum Weihnachtsfest.
Hier können sich die Pasinger Bürger vielleicht noch an die „Bunker Centa“ erinnern. Unsere Kameradin Centa Lampersberger betreute mit Unterstützung der Pasinger Bevölkerung von 1947 bis 1955 täglich mehr als 100 Vertriebene, Heimatlose und Kriegsheimkehrer. Ihr „Stützpunkt“, im wahrsten Sinne des Wortes, war der Bunker an der Pasinger Bäckerstraße.
Bis zum Jahr 1949 führte die Freiwillige Sanitätskolonne Pasing 39.574 Krankentransporte in Pasing und der Umgebung durch.
Außerdem wurden bei Festlichkeiten, Sportveranstaltungen und anderen Einsätzen 17.952 Hilfeleistungen getätigt, sowie ca. 3000 Übungen und ärztliche Vorträge abgehalten.
Seit Mai 1949 wurde der Krankentransport in Pasing im Wesentlichen durch angestellte, hauptamtliche Helfer der Kreisstelle München durchgeführt.
Kamerad Adolf Kirmeier führte ab 1952 die Kolonne bis er 1956 von Kamerad Erich Hofmann abgelöst wurde. In dieser Zeit hielt Kolonnenarzt Dr. Fritz Kagerer laufend ärztliche Vorträge und Sanitätsübungen ab. Nachdem 1956 Dr. Heinz Normann in das Amt des Kolonnenarztes gewählt wurde, blieb Herr Dr. Kagerer auch weiterhin der Kolonne treu.
Er förderte stark die Weiterbildung des Nachwuchses. Unterstützt wurden beide Ärzte von Herrn Dr. Helmuth Ostertag ( Wasserwacht ). Auch er brachte nicht nur in den „EH-Kursen“ der Bevölkerung die Grundregeln der Ersten Hilfe bei, sondern führte einer breiten Öffentlichkeit die Arbeit des Roten Kreuzes wirkungsvoll vor Augen.
Die alte Sanitätswache an der Institutstraße war längst zu klein geworden.
So mussten z.B. Erste-Hilfe-Kurse in nahegelegenen Gaststätten durchgeführt werden. Ein Neubau an der Theodor-Storm-Straße wurde vom BRK-Kreisverband München begonnen.
In der Zeit, in der Erich Hofmann die Kolonnenführung innehatte, fiel auch die Eröffnung des neuen Rot-Kreuz-Hauses.
Die Presse beschreibt die Pasinger Szenerie vom 13.November 1956 so: „Ein weiß-blauer Sonntagshimmel lachte zur festlichen Weihe des schmucken Heimes des Samariterdienstes der Nächstenhilfe.“
Die „Rettungsstelle West“ nahm ihrer Bestimmung gemäß die Arbeit auf. Zur gleichen Zeit führte man im gesamten Krankentransport den Sprechfunk ein. Dadurch wurde die Einsatzfähigkeit der Rettungsfahrzeuge erheblich gesteigert und bei den immer mehr zunehmenden Verkehrsunfällen ein rasches Eintreffen der Helfer am Unfallort gewährleistet.
Unter Leitung von Herrn Toni Kopfmiller jun. Besteht seit 1956 die „Ortsvereinigung Pasing“ im BRK. Sie umfasst neben der Sanitätskolonne die weibliche Bereitschaft, die Wasserwachtortsgruppe Pasing-Langwied und das 1958 von Herrn Franz Manzinger jun. Wiedergegründete Musikkops.
Am 16. Januar 1959 wurde Kamerad Sepp Laminent zum Kolonnenführer, Toni Kopfmiller zu seinem Stellvertreter gewählt. Zum besonderen Ziel setzte sich Kamerad Laminet die Vergrößerung der Kolonne.
Neben den Anfallenden Diensten, bei Festlichkeiten, im Fahrdienst und den Übungsabenden, wurden regelmäßig öffentliche ärztliche Vorträge und „ Erste-Hilfe-Kurse“ im Frühjahr und Herbst abgehalten.
In all diesen Jahren war Kamerad Otto Vogel ein guter Schriftführer und Kassenwart. Er erledigte alle anfallenden Schreibarbeiten, hielt alle Details des Kolonnenlebens fest und verwaltete als Kassenwart die Ein- und Ausgaben der Kolonne, bis zum Jahre 1960. Danach übernahm Kamerad Müller die Aufgaben als Kassenwart und Kamerad Stampfer die des Schriftführers.
1965 wurde Kamerad Kopfmiller in den Vorstand des Kreisverbandes München gewählt und zum stellvertretenden Kreiskolonnenführer ernannt.
Aus den Protokollen und Niederschriften jener Zeit geht hervor, wie mannigfaltig und umfangreich die Tätigkeiten der Sanitätskolonne Pasing waren. Alljährlich wiederkehrende Umzüge, Oktoberfest-Dienste, Sportveranstaltungen, Erstkommunionen und Firmungen, Kirchenkongresse beider Konfessionen, Frohnleichnahmsumzüge usw.
Immer waren Pasings Sanitäter dabei, um Unheil abzuwenden und zu helfen, wo immer es erforderlich wurde.
In den Jahren 1959 bis 1965 wurden folgende Dienststunden verrichtet:
Fahrdienste: 23740 Stunden ( Krankentransportund Unfallrettungsdienst)
Verschied. Wachen: 1817 Dienste aller Art
Krankenhausdienst: 329 Nachtdienste an Wochenenden
( Krankenpflege und Hilfsdienste Bei Unfallaufnahmen )
Durch die Kolonne wurden nicht nur Erste-Hilfe-Kurse für die Pasinger Bevölkerung angeboten, sondern im Rahmen von „Gesundheitswochen“ auch öffentliche Vorträge von Pasinger Ärzten aus deren jeweiligen Fachgebiet. Die Bevölkerung war mit so großem Interesse dabei, das der Lehrsaal im neuen Rot-Kreuz-Haus oft überfüllt war.
Arbeitsaufwendige Höhepunkte im Pasinger-Rotkreuzalltag waren nicht nur die Dienste beim Eucharistischen Weltkongress München im August 1960 und bei den Olympischen Spielen 1972, sondern auch Großübungen an der Aubingerstr. ( 10.06.67 ) und an der Offenbachstr. ( 31.05.69 ).
Auch der Papstbesuch in München am 20.11.1980, die Internationale Gartenbauausstellung 1983 und der Deutsche Katholikentag am 02.07.1984 gehörten dazu.
Gegen Ende der Sechziger Jahre ging die Mitgliederzahl der Kolonne deutlich zurück – sie bekam die gesellschaftlichen Veränderungen des „Wirtschaftswunders“ zu spüren.
Gemeinsame Busausflüge zu Zielen in Oberbayern, die noch wenige Jahre vorher alle Mitglieder begeistert hatten, waren nun „OUT“ , denn schon besaßen manche Kameraden ihren eigenen Wagen!
Und es kamen die ersten „Zehnjährigen“ in die Kolonne.
Diese Jungen Kameraden wollten keinen Bundeswehr-Grundwehrdienst ableisten und hatten sich deshalb dem Staat gegenüber zu einer zehnjährigen Mitarbeit beim Roten Kreuz verpflichtet.
Einige alte Kameraden reagierten skeptisch.
Kamerad Hofmann dazu: „Wir waren aus Idealismus dabei. Die Verpflichteten jedoch hatten andere Gründe um mitzumachen. Das sah man dann auch, als sie ihre 10 Jahre abgearbeitet hatten. Da waren sie schnell wieder weg!“
Bald war die Anzahl der verpflichteten Helfer größer als die der freiwilligen Helfer. Aber in der Sanitätskolonne Pasing wird längst kein Unterschied mehr gemacht zwischen verpflichteten und freiwilligen Helfern. Hier läuft alles reibungslos!
Neben ihren bisherigen Aufgaben wurde die Kolonne nun zum „16. Sanitätszug Transport München-Stadt“ im Katastrophenschutz, mit 28 verpflichteten Helfern und einem Kat-S-Krankenwagen ab 1974.
Die Ausbildung innerhalb der Kolonne wurde nun sehr streng durchgezogen und mancher „altgediente“ Sanitäter wechselte zu eine anderen Kolonne über!
So gab es in der Kolonnengeschichte immer wieder Höhen und Tiefen!
( Zusammengestellt aus Archivunterlagen der Sanitätskolonne Pasing und Aufzeichnungen von Kamerad Erich Hofmann und Hermann Sinner, Juni 1991; Bearbeitet April 2011 Dominic Hartig )